Thursday, September 30, 2004

Es gibt eine Verbunddatenbank für Auktionskataloge: "SCIPIO is a database containing bibliographic records for art and rare book sales catalogs dating from the late 16th century to the present, available exclusively through RLG. It is the only online union database of auction catalog records in existence". SCIPIO besteht seit 1980 und wird von rund 25 Organisationen gespeist. Die Suche ist kostenpflichtig, aber es gibt einen Testzugang.
Nachdem empirische Studien belegen, was unsere Berufsgruppe schon lange geahnt hat, dass nämlich BibliothekarInnen tatsächlich mehr Schokolade essen als andere (eigentlich hat jede Bibliothek, in der ich jemanden kenne, eine sogenannte Schoko-Lade), hier der Hinweis auf den österreichischen Chocolate Lovers Club, eine Initiative des Schokoladenkontors Xocolat in Wien.
Es gibt den Spruch "La betise humaine est la seule chose qui donne une idée de l'infini"; Albert Einstein sagte angeblich "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir aber noch nicht ganz sicher"; und "Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit", lautet angeblich das Motto von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald".
Für diese Aphorismen findet man jeden Tag neue Belege. Zum Beispiel die Äußerungen von Johann Gudenus (Ring Freiheitlicher Jugend): "Homosexuelle Beziehungen haben für die Gesellschaft keinen Wert... Nicht jede dahergelaufene Erektion konstituiert gleich eine Ehe..." (Aus: Der Standard, September 2004).

Wednesday, September 29, 2004

Die Wanderausstellung "Kompetenz !! Karriere !? Kohle ?? : Frauenarbeit in Österreich" ist vom 6. bis 29. Oktober 2004 in der Sozialwissenschaftlichen Bibliothek der AK Wien zu sehen. Die Ausstellung entstand im Rahmen der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL als gemeinsames Projekt von Österreich und den Kanarischen Inseln. Ziel der Ausstellung ist es, Chancen und Hemmnisse für Frauen am Arbeitsmarkt entlang der Themen Ausbildung, Beruf und Einkommen aufzuzeigen. Die offizielle Eröffnung der Ausstellung gemeinsam mit der Präsentation des Bibliotheks-Jahrbuches "Frauen lesen und finden ihre verlorene Geschichte" findet am 8. Oktober 2004 um 10 Uhr statt.
Einer Tätigkeit, die mir besonders schwer fällt, widmet sich Jürgen Plieninger in der fünften Checkliste der Kommission für One-Person Libraries: der Aussonderung.

Tuesday, September 28, 2004

Ich lese gerade die Novelle "Fräulein Stark" von Thomas Hürlimann (Ammann 2001, Fischer 2003). Die Geschichte spielt in der Stiftsbibliothek St. Gallen, und vor allem die Schilderung der (Hilfs-)Bibliothekare und der Vorgänge in der Bibliothek ist wirklich sehr amüsant. So schreibt er, dass jeder neue Stiftsbibliothekar eine eigene Klassifikation einführe, "das Dumme war nur, daß noch kein System das Ganze, oder zumindest einen Teil des Ganzen, erfaßt hatte, eher im Gegenteil, je länger die Bibliothek bestand, desto komplizierter wurden die Systeme, desto zahlreicher die Bücher, so daß mit jedem Jahr, ja mit jedem Monat an dem unendlich sich verzweigenden Bücherbaum neue, jedoch bereits überfüllte Gestelle ausschlugen ..., Bücher Bücher Bücher, Abertausende von Titeln, niemals zu bewältigen, niemals zu katalogisieren ..." (S. 39)
Der Perlentaucher versammelt Rezensionen dazu; in der NZZ ist ein ausführliches Interview mit Hürlimann erschienen, das sich vor allem mit der (Nicht-)Rezeption des jüdischen Hintergrunds der Geschichte durch KritikerInnen befasst.
Auf www.plueschmikroben.de und www.giantmicrobes.com gibt es einen Bücherwurm (Anobium punctatum) als Stofftier zu kaufen. Besser kuschelnd im bibliothekarischen Bett als nagend im wertvollen Bestand, mag der Hintergedanke sein. Es handelt sich angeblich um eine-million-fach vergrößerte Nachbildungen der Originale. Neben dem herzigen Bücherwurm gibt es u.a. auch Ebola, Schwarzer Tod, Pfeiffersches Drüsenfieber, Magengeschwür und Grippe.
"Kalewala", DAS finnische Epos, ist in einer neuen deutschsprachigen Übertragung erschienen, berichteten die Presse am 25. September und die NZZ am 27. April. Elias Lönnrot / Gisbert Jänicke (Übers.): Kalewala. Das finnische Epos. Salzburg: Jung & Jung Verlag 2004, ISBN 3-902144-68-8, 38,00 Eur[A].

Monday, September 27, 2004

Bei der Eröffnung des Bibliothekartages in Linz vergangenen Dienstag wurde Bundespräsident Heinz Fischers Rede per Video eingespielt. Die Rede war an sich recht bemüht und nett, aber HeiFi hat das Medium "Buch" so stark betont, dass man annehmen könnte, wir hätten nix anderes in den wissenschaftlichen Bibliotheken. Wenn wir wirklich nur Bücher hätten, hätten wir uns zwei Drittel der Vorträge bei dieser Tagung ersparen können ;-)
Einer der amüsantesten literarischen Sätze für BibliothekarInnen (vor allem solche, die katalogisieren und klassifizieren): "Irgendwie geht Ordnung in das Bedürfnis nach Totschlag über". Aus: Robert Musil: "Der Mann ohne Eigenschaften", Kapitel 100 ("General Stumm dringt in die Staatsbibliothek ein und sammelt Erfahrungen über Bibliothekare, Bibliotheksdiener und geistige Ordnung"). Ich empfehle die Lektüre des ganzen Kapitels (natürlich des ganzen Buches, aber Kapitel 100 ist für den Anfang nicht schlecht).
"Ist Größe Argument genug? Oder braucht es nicht doch ein Konzept?" fragt sich Gerrit Bartels in einem taz-Artikel über das Internationale Literaturfestival in Berlin.
Drei Häppchen zum Thema Bibliotheksbrand: Die Verlustdatenbank der Anna Amalia-Bibliothek in Weimar ist nun online. In der Mitteldeutschen Zeitung ist im Zusammenhang mit diesem Brand ein Artikel über die Marienbibliothek in Halle erschienen, in dem der Direktor der Franckeschen Stiftungen, Thomas Müller-Bahlke, sagt, dass auch in der ältesten und größten evangelischen Kirchenbibliothek Deutschlands ein Brandschutzsystem fehle. Am Bibliothekartag in Linz vergangene Woche hat Elisabeth Raicher einen interessanten Vortrag über Katastrophenplanung gehalten, in dem festgestellt wurde, dass in Österreich die Gefahr eines Wasserschadens am größten sei, dass aber just die Brandschutzmaßnahmen am ausgefeiltesten seien.
In Graz sollen acht Zweigstellen der Stadtbibliothek geschlossen werden. Dazu nimmt der Arbeitskreis kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Renner-Institut (Kribibi) Stellung: Der beabsichtigte Schritt demonstriere einmal mehr auf drastische Art die Geringschätzung der Leistungen des öffentlichen Bibliothekswesens. Dabei solle sich jede Kommune gerade in einer Zeit der wachsenden finanziellen Belastung der Bevölkerung umso mehr bewusst sein, dass es ihre Aufgabe ist, den freien Zugang zu Bildung und Information sicherzustellen. Acht Zweigstellen mit je dreißig Öffnungsstunden pro Woche und über hunderttausend Medien könnten nicht von einem Bücherbus ersetzt werden.
Gestern hab ich zufällig auf VH1 ein Video gesehen, das in einer Bibliothek spielt und natürlich nicht ohne bebrillte, streng schauende Bibliothekarin (diesmal aber jung und reizvoll) auskommt: und zwar "Head over heels" von Tears for Fears.

Monday, September 20, 2004

Die neue Zweigstelle Philadelphiabrücke der Büchereien Wien (60.000 Medien, 900 m2, Jugendbereich) wurde kürzlich im Einkaufszentrum "Arcade Meidling" eröffnet. Franz Pascher hat die Bibliothek auf seiner Website mit Text und Photos dokumentiert. Auf der Website der Büchereien Wien hab ich die Zweigstelle allerdings nicht gefunden - hier steht nur, dass die Bücherei im Fuchsenfeldhof ab Mai 2004 geschlossen ist und in das Einkaufszentrum übersiedeln wird; und die letzte Presseaussendung ist von Jänner 2004.
Suhrkamp wird in Zukunft den Umschlag seiner Taschenbücher in einem "distinguierten Grau" statt dem bisher bekannten Blau, Grün, Rot... halten. Dazu Niklas Maak in der FAZ vom 18. September nicht ganz unbegründet: "Leider ist das Grau nicht distinguiert. Die grauen Cover haben den Charme einer ostdeutschen Industrielandschaft an einem unterbelichteten Januartag, die beigefarbenen Cover sehen aus, als habe man der Literatur einen orthopädischen Stützstrumpf übergezogen".

Friday, September 17, 2004

Der Standard hat zum Thema "Austrokoffer" ein eigenes Special angelegt. Hier noch Links zur Berichterstattung der "Presse", hier zur offiziellen Seite austrokoffer.at, hier zum Ueberreuter-Verlag, hier zur Stellungnahme des Literaturhauses.

Thursday, September 16, 2004

In Umberto Ecos neuem Roman "La misteriosa fiamma della regina Loana", der im Oktober bei Hanser auf Deutsch erscheinen wird, geht es um einen Archivar, der sein Gedächtnis verliert. In der FAZ vom 14. September 2004 ist ein Portrait des Autors von Volker Weidermann erschienen.

Tuesday, September 14, 2004

*schmunzel* Soeben erhielt ich einen Brief vom "American Bibliographical Institute", das mich anscheinend als eine von fünfhundert "noteworthy" Personen in das "World Book of Knowledge" aufnehmen will. "I admire your accomplishments and dedication to improving the lives of others", schreibt mir Präsident(in) J.M. Evans, "YOU have been chosen for this monumental publishing event because of your distinguished career. Readers will gain invaluable and critical insights into the men and women who are of the utmost significance to our world". Das Schöne daran ist, dass ich dieses Meisterwerk dann zum Sonderpreis von nur 795 Dollar erwerben kann... Eine Website dieses Instituts gibt es nicht.
Ich zitiere dazu den Blogger Hannes Gassert, dem es anscheinend ähnlich erging: "Alright, I'm rather credulous by nature, but heck, who would want the biography of a random 22-year old in an encyclopedia a the cost of $795 USD?"
Immer wieder nett: das "Museum of unworkable devices". Unter anderem gibt es hier eine Liste mit den Patenten, die für solche unworkable devices, zum Beispiel für ein Perpetuum mobile, vergeben wurden. Der Gestalter der umfangreichen Seite ist Donald E. Simanek, Physikprofessor an der Lock Haven University of Pennsylvania.
Im Journal of the hyperlinked organisation (JOHO) von David Weinberger erschien ein interessanter Artikel über "Why Dewey's Decimal System is prejudiced".

Monday, September 13, 2004

Hab über einen Link von Curmudgeony librarian folgenden netten Test entdeckt: Dante's Inferno Test. "This test is based on the description of Hell found in Dante's Divine Comedy. Answer the questions below as honestly as you can and discover your fate. Based on your answers, your purity will be judged and you will be banished to the appropriate level of hell. Abandon all hope."
Wie USA Today berichtet, wird im Dezember der Film "The Librarian" in die Kinos kommen. Zitat: "Instead of supersonic shushing, this librarian's job requires protecting mythological items, including Excalibur and the Ark of the Covenant, in a repository beneath the New York Public Library". Flynn Carsen wird von Noah Wyle gespielt, der seit 1994 als John Carter in der Fernsehserie Emergency Room auftritt.
Daniel Sokolov schreibt in netzkritik.de einen interessanten Artikel über das Ershov-Archiv für Computergeschichte, das sich in der sibirischen Wissenschafts-Stadt Akademgorodok befindet. Andrei Petrovich Ershov war ein Informatikpionier. In seinem Archiv befinden sich tausende Bücher, Zeitschriften, Konferenzberichte und fünfhundert Aktenordner, die seine wissenschaftliche Karriere und damit auch die Geschichte der Informatik in der Sowjetunion dokumentieren.

Wednesday, September 08, 2004

"Es kömt nur darauf an, daß der Bibliothecarius ein Gelehrter und discoursirter Mann sei". Zitat von Sigismund Streit, Titel eines Artikels von Susanne Knackmuß in den Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 28 (2003) 1/2, S. 111 - 124

Tuesday, September 07, 2004

Die FAZ bietet online ein Special über den Bibliotheksbrand in Weimar an und spricht darin von einem "Weltgedächtnisverlust".
Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek erwirbt den literarischen Nachlass des im Jahr 2000 verstorbenen Dichters H.C. Artmann, berichtet die Rathauskorrespondenz.
Gestern habe ich auf Arte den wohl traurigsten Film meines Lebens gesehen: die Dokumentation "Asphaltkinder in Bukarest" (Original: "Children underground") von Edet Belzberg. Ein Interview mit der Filmemacherin gibt es bei Indiewire. Der Film war 2001 für einen Oscar nominiert.
Siehe auch Caritas und Romhelp.

Monday, September 06, 2004

Der britische "Freedom of information act" wird novelliert und als solcher am 1. Jänner 2005 in Kraft treten. Besonders interessant sind für mich immer die Ausnahmen von der Informationsfreiheit, in diesem Fall unter anderem "Information supplied by, or relating to, bodies dealing with security matters", "national security", "Defence" und "Communications with Her Majesty".
Die Restauratorin Karin Slenczka betreut beim Forum Bestandserhaltung eine Dokumentation des Bibliotheksbrandes in Weimar.
Bei der ZDF-Berichterstattung über die Geiselnahme in Beslan wurde darauf hingewiesen, dass die Kinder traumatisiert seien. Gut, das kann man sich wohl denken. Interessant ist das vom Moderator mitgelieferte Indiz eben dafür: Die Kinder konnten nicht einmal auf die Fragen der Fernsehreporter antworten. Karl Kraus, schau oba.

Friday, September 03, 2004

Eine Nachricht, bei der das bibliothekarische Herz blutet: In der Herzogin Anna Amalia-Bibliothek in Weimar hat ein Brand, mutmaßlich nach einem Elektroschaden, mehrere tausend wertvolle Bücher vernichtet und etliche zehntausend Bände beschädigt. Wohl nicht zu Unrecht fragen sich BibliothekarInnen aus dem In- und Ausland, wie es sein konnte, dass in einer der bedeutendsten Bibliotheken Deutschlands die Katastrophenplanung derart vernachlässigt werden konnte. Nun wird zu Spenden aufgerufen.

Wednesday, September 01, 2004

"You know perfectly well that the surest way to your heart is through conversation".
Aus: Andrew J. Robinson: A stitch in time. Pocket books 2000, S. 352 (hervorragender Star Trek-Roman über Garak)
Die "Bibliothek des Tages" ist diesmal die barocke Kulissenbibliothek in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale). Die hab ich im Urlaub besichtigt. Auch abgesehen davon waren es (leider nur) zwei Tage, die einer Bibliothekarin und angehenden Germanistin würdig sind ;-) Ich hab die Merseburger Zaubersprüche, das einzige erhaltene althochdeutsche Sprachdenkmal aus vorchristlicher Zeit, im Original gesehen! In Merseburg findet nämlich zur Zeit die Ausstellung "Zwischen Kathedrale und Welt" anlässlich des tausendjährigen Jubiläums des Domkapitels statt. Und in Leipzig waren wir im Schillerhaus, wo Schiller 1785 immerhin fünf Monate zugebracht hat. In dieser Zeit hat er angeblich "An die Freude" verfasst und am "Don Carlos" gearbeitet.
Zugegeben, nicht alles war so kopflastig - der Besuch im Schokomuseum der Schokoladenfabrik Halloren in Halle und der kleine, unbedeutende Abstecher zum Fabriksverkauf durften auch nicht fehlen. Mein persönlicher Tipp: die Mokketten und die Halloren-Kugeln Schoko-Eierlikör.