Tuesday, December 27, 2011

Der Lesepolizist

"Ich tue mich schwer mit der Rolle des Literaturkritikers als Lesepolizist. Ich sehe mich eher als jemanden, der anderen Kuchen mit eingebackenen Feilen überreicht, die sie aus ihrem Gefängnis befreien" - Denis Scheck in einem Interview mit Antje Hildebrandt in der "Welt". Das wäre doch auch eine schöne Job Description für eine Bibliothekarin...

Thursday, December 22, 2011

My year in first lines

Auf die nette Idee "The first line of the first post for each month of the last year" bin ich ursprünglich bei Kathryn Greenhill von Librarians matter gestoßen, und die hat sie von Ruminations. Dieses Jahr habe ich ja nicht so viel gebloggt wie früher. Vgl. die Jahre 2003, 2007, 2008, 2009, 2010.

Jänner: Karsten Schuldt hat in seinem Weblog "Bibliotheken als Bildungseinrichtungen" eine ausführliche Literatursichtung zu den Schulbibliothekarischen Arbeitsstellen in den Jahren 1970 bis 2000 veröffentlicht. [Tatorttagebuch und Lesetagebuch habe ich mangels Satz ausgelassen, die wären aber früher gewesen].
Februar: Nette Benutzerin nach mehrstündigem Herumhantieren mit sehr unhandlichen Wien-Plänen: "Wie mochen Sie des? Den gaunzen Tog lesen? Und des bei dem grellen Licht! I man, Sie san's jo gwohnt. I les jo a gern, aber des warat ma zvü. Und daunn a no immer in den Compjuta einischaun" ;-)
März: Edlef Stabenau fragt in Netbib: "Ist das eigentlich ein Gerücht, dass Doktoren der Uni Bayreuth in Zukunft ein '(Universität Bayreuth)' hinter ihrem Doktortitel führen sollen?" (via Wolfgang Kauders).
April: 'Library': a place of grace and sanctuary. Open to all, without question or condition – except that you love the place, partake, read, learn, find peace, find yourself, find everything there is, and ever was, Amen". [Zitat aus Voices for the library]
Mai: Bei einem Forschungsprojekt an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Thema "Lesbische / Schwule UnternehmerInnen in Wien - Chancen, Risiken, Hindernisse" wird untersucht, welche Rolle eine homosexuelle Orientierung der UnternehmerInnen bei der Geschäftsgründung und -führung spielt.
Juni: "People judge how smart you are based solely on your name", schreibt Alasdair Wilkins in ihrem Artikel in io9.
Juli: <zitat> Die AEP-Informationen. Feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft" erscheint seit 1974 ununterbrochen und ist eine der ersten Frauenzeitschriften der Neuen Frauenbewegung in Österreich.
August: Innerhalb der Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) wurde eine Arbeitsgruppe für öffentliche Büchereien gegründet.
September: Die Österreichische Nationalbibliothek sucht eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter für die Abteilung Ariadne - frauenspezifische Information und Dokumentation, und zwar für zwanzig Wochenstunden vormittags.
Oktober: Würde mein Konto leben, würde es mir in der Buchhandlung Alex in Linz Hausverbot erteilen lassen.
November: Auf die Frage nach "LGBTQ Library policies" in der Mailingliste lezbrian recherchierte Ellen Greenblatt mit den Suchbegriffen "policies" and "LGBTIQ" in del.icio.us - interessante Suchstrategie, offensichtlich erfolgreich!
Dezember: Mein aktueller Beitrag auf Plan3t Info, "Staatspolizei in der Bibliothek", widmet sich der Verhaftung zweier Bibliothekarinnen der UBTUW im Jahr 1991.

Follow me! Social Media für Bibliotheken

Die neue Ausgabe der Büchereiperspektiven zum Thema "Follow me! Social Media für Bibliotheken" ist gerade erschienen und kann hier heruntergeladen werden: www.bvoe.at/Serviceangebote/Buechereiperspektiven. Es ist übrigens auch ein persönlicher Erfahrungsbericht von mir über LibraryThing drinnen (pdf) :-)


Mississippi State University Libraries: "MS Library 2.0 Summit Birds of a Feather Lunch Tables", aufgenommen am 19. Juni 2008, via Flickr, CC-BY-NC.

Wednesday, December 21, 2011

Über Fish & Chips

Ich lese gerade den England-Reisebericht "Die Ringe des Saturn" von W.G. Sebald (wobei "England-Reisebericht" sicher zu kurz greift" - Roberta Silman spricht in der NY Times von "a hybrid of a book - fiction, travel, biography, myth, and memoir - that obliterates time and defies comparison"). Es gibt sehr viele schöne Stellen, aber heute musste ich besonders schmunzeln bei der Schilderung des Abendessens in einer heruntergekommenen Stadt in einem Hotel, das schon bessere Zeiten gesehen hat:

Die anscheinend einzige Mitarbeiterin des Hotels "[brachte] mir bald darauf einen gewiß seit Jahren schon in der Kühltruhe vergrabenen Fisch, an dessen paniertem, vom Grill stellenweise versengten Panzer ich dann die Zinken meiner Gabel verbog. Tatsächlich machte es mir solche Mühe, ins Innere des, wie es sich schließlich zeigte, aus nichts als seiner harten Umwandung bestehenden Gegenstands vorzudringen, daß mein Teller nach dieser Operation einen furchtbaren Anblick bot. Die Sauce Tartare, die ich aus einem Plastiktütchen hatte herausquetschen müssen, war von den rußigen Semmelbröseln gräulich verfärbt, und der Fisch selber, oder das, was ihn vorstellen sollte, lag zur Hälfte zerstört unter den grasgrünen englischen Erbsen und den Überresten der fettig glänzenden Chips" (Fischer Taschenbuch 2011, S. 58).

Das sieht doch gleich besser aus: "Fish & Chips at the Irish House, New Orleans", aufgenommen am 16. August 2011 von Robert D. Peyton.

Monday, December 19, 2011

Offener Bücherschrank in Neusiedl

Man braucht kein Formular, keine Anmeldung, nicht einmal Geld! Am 17. Dezember 2011 hat der erste offene Bücherschrank in Neusiedl seine "Türen geöffnet". Die Grüne Bildungswerkstatt Burgenland hat die Aktion gemeinsam mit der Grünen Ortsgruppe Neusiedl ins Leben gerufen, der Verein NEZWERK unterstützt die Idee. "Der offene Bücherschrank ist öffentlich zugängig und ermöglicht kostenlos, und ohne jegliche Formalitäten den Austausch von Büchern. Diese können ausgeborgt und wieder zurückgebracht oder behalten werden, eigene gute Bücher können gebracht und in den Schrank gestellt werden. Natürlich werden die Bücher regelmäßig überprüft und etwa Verbotenes aussortiert", erklärt die Grüne Gemeinderätin Anneliese Horvath.
Die Idee eines offenen Bücherschrankes wurde erstmals in den 1990ern umgesetzt. Seither finden sie sich in vielen Städten Europas und mittlerweile auch Österreichs. Durch den Austausch der Bücher entsteht im Laufe der Zeit eine bunte Mischung aus Literatur für alle Interessensrichtungen und jedes Alter. Es soll das Erfahren von Neuem, die Möglichkeit zur Wissenserweiterung oder auch nur die Freude an guter Literatur ermöglicht werden.

"Damit wollen wir in einer Zeit, in der alles hochtechnisiert ist und gleichzeitig immer mehr Jugendliche große Probleme beim Lesen und Verstehen von Texten haben, ein Zeichen setzen. Aber auch in der Zeit nach der Ausbildung oder dem Studium wollen wir den Menschen bis ins hohe Alter die Möglichkeit geben, sich nach ihren Interessen Bücher auszuborgen und sich daran zu erfreuen", so die Grüne Gemeinderätin Anneliese Horvath.
Öffnungszeiten des NEZWERK: Montag bis Freitag von 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr! [Quelle: Presseaussendung]. - In der Bezirkshauptstadt Neusiedl gibt es außerdem eine Zweigstelle der AK-Bücherei mit fünfzehn Öffnungsstunden und eine Schulbibliothek im Gymnasium mit elftausend Bänden. - Die Grüne Bildungswerkstatt hat auch den Bücherschrank in Eisenstadt initiiert.

Friday, December 16, 2011

Die Gefahren des Lesesaals

"Ein Lesesaal birgt jedoch nicht nur Bücher in seinen Regalen, sondern fördert auch Sehnsüchte. Sie spuken in jedem Winkel und warten darauf, dass die Studenten unter der Last der Vokabeln in die Knie gehen; dann springen sie hervor und flüstern: Komm mit uns, verlaß diese verstaubten Hallen, wir wollen ungezügelt leben, wollen uns berauschen! O seliger Dionysos, Gott des Rausches, führe uns in Versuchung..."

Aus: Ragnar Kvam jr.: Im Schatten. Die Geschichte des Hjalmar Johansen, des 'dritten Mannes' zwischen Fridtjof Nansen und Roald Amundsen. Berliner Taschenbuchverlag 2002, S. 71 - 72 [gemeint ist die Universitätsbibliothek von Kristiania, dem heutigen Oslo]


Lesesaal der British Library, aufgenommen am 22. August 2005 von yours truly

Tuesday, December 13, 2011

Neuerwerbungen

In der Buchhandlung Winter in der Rathausstraße wird derzeit alles zum halben Preis verkauft, weil das Geschäftslokal in Kürze geräumt werden muss. Es gibt zum Beispiel jede Menge aus der Reihe "Suhrkamp Wissenschaft". Heute war ich mit zwei Kolleginnen dort und habe ich ein bisschen eingedeckt. Wahrscheinlich schaue ich diese Woche aber nochmal vorbei.

  • Jürgen vom Scheidt: Das Drama der Hochbegabten. Zwischen Genie und Leistungsverweigerung. Piper 2005 - enthält auch einen Selbsttest zur Frage "bin ich hochbegabt", allerdings nicht, wie man vermuten könnte, einen IQ-Test, sondern eine Liste von Merkmalen von Hochbegabung wie "schnelle Auffassungsgabe", "Wunsch nach Abwechslung" und "intensive und frühe Nutzung eines Computers". Schmunzeln musste ich allerdings bei "Hohes Einkommen von ca. 50.000 Euro aufwärts (als Ergebnis des Erfolgsstrebens)". Wenn es nach dem geht, gibt es praktisch keine hochbegabten BibliothekarInnen ;-)
  • Joey Horsley, Luise F. Pusch (Hrsg.): Berühmte Frauenpaare. Suhrkamp 2005
  • Paul Strathern: Einstein & die Relativität. Fischer 1999 (= Köpfe und Ideen)
  • Paul Strathern: Bohr & die Quantentheorie. Fischer 1999 (= Köpfe und Ideen)
  • Paul Strathern: Oppenheimer & die Bombe. Fischer 1999 (= Köpfe und Ideen)
  • Robert Kaplan: Die Geschichte der Null. 6. Aufl. Piper 2006
  • Monday, December 12, 2011

    Ein Viertel Bibliothekarin

    "Einen anderen Vorschlag brachte Uwe Witt (Linke) in die Diskussion: Um die Kosten zu senken, solle es nur noch eine 0,25-Stelle für die Bibliothekarin geben. Gleichzeitig solle die Stadt die Zusammenarbeit mit der Fachhochschule für Bibliotheks- und Archivwesen in Potsdam suchen. Deren Studenten bräuchten immer wieder Praktikumsplätze. Sie könnten einen wesentlichen Teil der Arbeit in der Bücherei übernehmen, so Witt".

    Zitat aus dem Beitrag "Rheinsberger Hauptausschuss stimmt für ein Ende der Stadtbücherei", der am 18. November in der Märkischen Allgemeinen erschienen ist. Auslagerung regulärer Arbeit auf unbezahlte PraktikantInnen - eine ur-linke Idee.

    Christbaumfest für die Armen

    Der allgemeine Wiener Wohlthätigkeits-Verein veranstaltete am 26. Dezember 1854 ein Christbaumfest für die Armen Wiens im Sofienbad-Saal. Anlass war der 17. Geburtstag von Kaiserin Elisabeth zwei Tage zuvor. Bei dieser Feier erhielten arme Familien "Kleider, Wäsche, Beschuhung, verschiedene zur Hauswirthschaft bestimmte Dinge, mitunter auch Bilder und andere kleine Gegenstände; nebstbei Anweisungen auf Holz und Erdäpfel". Findelkinder, Militärwaisen "vom Feldwebel abwärts" und besonders fleißige Zöglinge der Roßauer Beschäftigungs-Anstalt durften sich unter anderem an erbaulichen Büchern erfreuen. Danach wurden Lebensmittel wie "Braten, Brod, Reis, Gerste, Zwetschken u.s.w." und "Backwerk, Aepfel, Nüsse, Lebzelten" verteilt. Beim abschließenden Kinderfest wurden den Kleinen die um einen prachtvollen Christbaum angeordneten Spielsachen überreicht. Musikalisch umrahmt wurde das Fest von einem hundertstimmigen Chor von Schülerinnen der Akademie der Tonkunst und der Militärmusikkapelle des Infanterieregiments "Prinz Wasa".

    .Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, E-296083

    Wednesday, December 07, 2011

    Santa Claus writes Spam Prose

    "Das Gluck deines Kindes ist auch dein Gluck! Mach es glucklich mit einem Brief, der vom Weihnachtsmann unterzeichnet ist... lass es an die Magia des Weihnachtsmannes weiter glauben.
    Aber die Ьberraschung ist nicht nur fьr die Kleinen, jetzt kцnnen Sie eine originelle und jugendliche Ьberraschung ihren Mann, ihrer Frau, ihren Geliebten oder Geliebte, ihrer Freunde, Geschwister, Schwiegermьtter, GroЯeltern, Eltern u.a. machen.
    Der Brief wird mit dem Namen des Empfдngers, mit persцnliche Angaben, mit dem Stempel des Nordpols und mit der Unterschrift des Weinachtsmannes personalisiert sein.
    Seien Sie wieder Kinder! Lassen Sie sich von die Zauberkunst des Weinachtsmannes umfasst!"

    Monday, December 05, 2011

    Spam Prose: Klotz darin

    Das ist eine Höflichkeitsmahnung, dass Ihr Konto nachgeprüft werden muß: Um ununterbrochene Dienstleistungen zu erhalten, prüfen Sie bitte Ihre Information sofort nach. Klicken Sie bitte die Verbindung unten, Klotz darin, und folgen Sie den versorgten Schritten: Danken Sie Ihnen.

    Thursday, December 01, 2011

    Staatspolizei in der Bibliothek

    Mein aktueller Beitrag auf Plan3t Info, "Staatspolizei in der Bibliothek", widmet sich der Verhaftung zweier Bibliothekarinnen der UBTUW im Jahr 1991.

    Photo Schild Polizeibibliothek Berlin.