Tuesday, August 13, 2013

Archivprojekt "Adopt Srebrenica"

Am 6. und 7. Juni 2013 fand in Oberbozen / Soprabolzano ein Treffen des International Ecology Archives Network statt, an dem ich für das Grüne Archiv teilnehmen konnte. Meinen Bericht über das Arbeitstreffen gibt es auf unserer Website nachzulesen.

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Ich möchte hier das Projekt "Adopt Srebrenica" herausgreifen, das Projektkoordinator Andrea Rizza und drei ehrenamtliche MitarbeiterInnen aus Bosnien im Rahmenprogramm des Treffens vorstellten. Mit dem Namen der Stadt Srebrenica verbindet sich heute vor allem die Erinnerung an das Massaker, bei dem im Bosnienkrieg im Juli 1995 achttausend Menschen ermordet wurden. Dieses Archivprojekt will nicht - wie andere Archive - Kriegsverbrechen dokumentieren, sondern soll im Gegenteil daran erinnern, wie das Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gruppen in Srebrenica vor dem Krieg funktioniert hat: "The material from before the war is a proof for the high level of tolerance in Yugoslavia where people from different religions and ethnic groups lived together peacefully". Junge Menschen können sich an diese Zeit ja gar nicht mehr erinnern.

Durch Flucht und Zerstörung gingen viele private Bestände, zum Beispiel persönliche Photographien, verloren: "It is impossible to describe the value of a little piece of paper with a picture of a beloved person you have lost". Die Photographien haben aber nicht nur einen emotionalen Wert, sondern zeigen auch soziale Gepflogenheiten und kulturelle Aspekte wie die Kleidung. Dokumente wie Bilder und Tonaufnahmen kommen auf ganz unterschiedliche Weise ins Archiv. Wie Aktivist Muhamed berichtete, brachte ihm einmal ein früherer Soldat eine Reihe von Aufnahmen, die er während des Krieges aus einem Privathaus mitgenommen hatte.

Die geplanten Interviews mit ZeitzeugInnen sind für die beteiligten Personen schwierig: InterviewpartnerInnen könnten bei Gesprächen über schreckliche Erlebnisse re-traumatisiert, bei Gesprächen über schöne Zeiten an ihren schweren Verlust erinnert werden. Die InterviewerInnen werden daher im Umgang mit schwierigen Situationen geschult und über post-traumatische Belastungsstörungen informiert werden. Eine Herausforderung ist auch, jene Menschen aus Srebrenica, die fliehen konnten und nun in anderen Ländern leben, zu erreichen. Die "oral history" wird dennoch ein wichtiger Punkt des Projekts werden.

Eine lang diskutierte Frage: Wenn vor dem Krieg alles gut war, wie konnte es dann zum Krieg kommen? Sollte man nicht viel mehr die Probleme aufzeigen? Aktivistin Valentina fasste ihre Haltung so zusammen: "We think of the problems every day. But this project focuses on togetherness".

Fazit der Projektgruppe: "Everything in nature grows: trees, humans, animals... but with memory it is the other way round".

Das Projekt "Adopt Srebrenica" wird von der Fondazione Alexander Langer Stiftung und dem Stadtarchiv Bozen unterstützt. Inspiriert wurde es von Langers Text "Zehn Punkte fürs Zusammenleben", in dem es unter anderem heißt: "Wo immer Volksgruppen, Ethnien, Konfessionen u.dgl. auf demselben Raum zusammenleben, gibt es eine Ausgangssituation mit geringer gegenseitiger Kenntnis und Vertrautheit. Eine enorm wichtige Rolle können da Personen, Gruppen, Institutionen spielen, die sich bewußt entlang der Grenze zwischen den zusammenlebenden Gruppen bewegen und sich insbesondere der Aufgabe widmen, gegenseitiges Kennenlernen, Dialog und Zusammenarbeit zu fördern. Die Veranstaltung gemeinsamer Ereignisse oder Begegnungen, gemeinsame Aktionen u.dgl. entstehen ja nicht aus dem Nichts, sondern erfordern eine zähe und sensible Anbahnungsarbeit, wobei auch sehr viel Vermittlung und Einfühlung notwendig ist, die Sorgfalt und Glaubwürdigkeit erfordert".

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