Ausgabe 3 meiner Kolumne "Die Bibliothek vor ... Jahren" in den
Büchereiperspektiven befasst sich mit alten und neueren Verhaltensvorschriften.
Das Verhalten in Bibliotheken unterlag von jeher bestimmten Regeln. Essen, Trinken, Rauchen und Lärmen zählen wohl zu den am meisten verpönten Handlungen an einem Ort, der vornehmlich dem Lernen und der Stille dient. Gemäß den Regeln, die der Hyde Institute Library im britischen Barnet Vale zugeschrieben werden und aus dem Jahr 1930 stammen, durften die BibliotheksbenutzerInnen dort folgendes NICHT: die Bibliothek betreten, wenn ihre Gesichter anstößig schmutzig sind, an den Tischen einschlafen, Jause essen, während sie Zeitungen, Bücher etcetera lesen, im Gebäude rauchen, geschäftliche Visitenkarten zurücklassen, lästig fallen, gegen die Möbel treten oder sie beschädigen, Hunde in den Innenbereich bringen, die Bibliothekarin oder den Bibliothekar anlügen, in betrunkenem Zustand eintreten oder eintreten, wenn sie an Pocken erkrankt sind.
In der Bodleian Library in Oxford mussten BenutzerInnen traditionellerweise den folgenden Text laut vor einer Bibliothekarin oder einem Bibliothekar vorlesen: "Ich verspreche hiermit, keinen Band, kein Dokument und kein anderes Objekt, das sich im Besitz oder in der Obhut der Bibliothek befindet, aus der Bibliothek zu entfernen oder zu markieren, zu verunstalten oder in irgendeiner Weise zu beschädigen; in die Bibliothek kein Feuer zu bringen, nicht ein Feuer oder irgendeine Flamme in der Bibliothek zu entzünden, und nicht zu rauchen; und ich verspreche, alle Bibliotheksvorschriften einzuhalten".Verbote sind aber nur so gut wie das Bewusstsein, dass sie kontrolliert werden und ein Übertreten bestraft wird. Daher hatten die Sumerer vor 5.000 Jahren nicht nur die Schrift im Allgemeinen, die Keilschrift im Besonderen und die Buchhaltung noch dazu entwickelt. Sie hatten auch einen Fluch verfasst für Leute, die mit den Tontafeln nicht pfleglich umgingen: "Wer diese Tafel bricht oder sie ins Wasser legt oder auf ihr herumschabt, bis man sie nicht mehr entziffern und verstehen kann, den mögen Assur, Sin, Shamash, Adad und Ishtar von Bit Kidmurri, die Götter des Himmels und der Erde und die Götter Assyriens mit einem Fluch strafen, der nicht mehr getilgt werden kann, schrecklich und gnadenlos, solange er lebt, und sein Name, seine Nachkommen sollen vom Land hinweggefegt und sein Fleisch den Hunden zum Fraß vorgeworfen werden!"
Auch der folgende modernere Reim appelliert an die Angst vor göttlichem Zorn, wenngleich etwas weniger drastisch: "Steal not this book my honest friend / For fear the gallows should be your end, / And when you die the Lord will say / And where's the book you stole away?"
Regeln, Flüche und Reime können unter folgenden Links nachgelesen werden:
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