Für das Uni-Seminar "Geschichte und Theorie der Biographie" lese ich gerade "Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters" von Stefan Zweig als Beispiel für eine Populärbiographie. Mich wundert nicht, warum das Buch so erfolgreich war und ist: Zweig macht uns zu MitwisserInnen, er zieht uns auf die Seite der Beschriebenen und schreibt teilweise wie in einem sehr guten Liebesroman. Manchmal tritt er auch zurück und spricht über die Herausforderung des Biographen, einer doch umstrittenen Person gerecht zu werden, und versucht, uns in seine Überlegungen einzubeziehen. Eine der schönsten Stellen ist, wie ich finde:
"Gerade aber jetzt, da alle die Königin verlassen, die vor der Welt als ihre nächsten Freunde gegolten, tritt derjenige aus dem Dunkel, der es wahrhaft gewesen: Hans Axel von Fersen. Solange es Glanz brachte, als Günstling Marie Antoinettes zu gelten, hat dieser vorbildlich Liebende, um die Ehre der geliebten Frau zu schonen, sich scheu verborgengehalten und damit das tiefste Geheimnis ihres Lebens vor Neugier und Schwatz bewahrt. Jetzt aber, da Freund der Verfemten zu sein nicht Vorteil, nicht Ehre, nicht Achtung, nicht Neid einbringt, sondern Mut fordert und restlosen Opferwillen, jetzt tritt frei und entschlossen dieser einzig Liebende und einzig Geliebte an Marie Antoinettes Seite und damit in die Geschichte" (Fischer Taschenbuch 1997, S. 277). *seufz*
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