Thursday, December 28, 2006

Ich glaube, ich poste

Zu Weihnachten habe ich viel über drei Aussagen zum Thema Glaube nachgedacht, mit denen ich in den letzten Wochen konfrontiert wurde. Zunächst zwei Einträge in einem Online-Forum für Hochbegabte, die ich hier zusammenfassend wiedergebe: "Ist es nicht schäbig [wörtlich], die eigenen Kinder anzulügen und ihnen Ammenmärchen von Weihnachtsmann oder Christkind zu erzählen?" und "Ist Glaube nicht ein Widerspruch zu Intelligenz und Mündigkeit?" Und dann eine Szene aus der Serie "Boston Legal", bei der eine Anwältin zur anderen sagte (sinngemäß): "Ich weiß etwas über Dich, was Du niemandem sagst, weil Du Angst hast, dass Du dann nicht mehr als Intellektuelle giltst: Du gehst regelmäßig zur Kirche".
Ich habe auch immer öfter den Eindruck, dass man sich als Nicht-Kirchenfeindin oder gar als - horribile dictu - überzeugte Christin zunehmend rechtfertigen muss, nämlich auch wenn man aus der aufgeschlossenen und "nicht-missionarischen" Ecke kommt. Anscheinend bedeutet "Glaube" für einige, dass man unmündig einfach alles nachsagt, was einem vorgebetet wird - davon, dass man sich selbst intensiv mit den Glaubensinhalten auseinandersetzt, einiges ganz bewusst für sich annimmt, mit anderem auch kämpft, ist nur selten die Rede. Dazu noch ein Zitat aus dem erwähnten Online-Forum: "Manchmal habe ich das Gefühl, seit die Christen nicht mehr so brachial missionieren, haben die Atheisten damit angefangen" ;-)

3 comments:

  1. Hervorragender Beitrag! Nicht nur, weil's zeitlich grad passt, sondern grundsätzlich.
    Ist übrigens ein Phänomen, das nicht nur im christlichen Umfeld, sondern auch in anderen Religionen zu beobachten ist.
    Mit den besten Wünschen für das Neue Jahr
    johannes

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  2. Ich kann mich Johannes nur anschließen: ein hervorragender Beitrag!

    Unsere abendländische Kultur sieht im 'Glauben' seit der Aufklärung immer noch eine 'intellektuelle Verfehlung'!!

    Jedoch darf ich als Religionswissenschaftlerin 'mal aus dem Nähkästchen plaudern und ein unter diesen gängiges Bonmot preisgeben:
    "Der Theist glaubt, daß es Gott gibt, der Atheist glaubt, daß es Gott nicht gibt - aber beide glauben inbrünstig!"

    Also:
    Eine beidseitige 'geistige Verfehlung'. Vielleicht trägt das ein wenig einer Versöhnung der beiden bei!

    Mit den besten Wünschen für das Neue Jahr,
    Sylvia

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  3. Die Diskussion hat noch so viele Aspekte, die ich gar nicht alle aufzählen kann, aber einen möchte ich noch ergänzen: Abgesehen davon, dass im überwiegenden Teil der Medienberichterstattung "Kirche" bzw. "Christentum" mit "römisch-katholisch" gleichgesetzt wird, kommt mir vor, dass oft die Verfehlungen der Institution Kirche bzw. ihrer MitarbeiterInnen dem Glauben an sich angelastet werden.

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