Monday, August 20, 2007

Reisenotizen, 11. August 2007

Neue Anzeige in der U-Bahn: "OBS! Korta tåg. Vänligen gå mot plattformens mitt". - Wir erklimmen den Turm des Stadhuset über 340 Stufen und sehen dabei einen Lift mit der Aufschrift "Archivhiss" (Archivlift) und dem Hinweis "ej för allmänheten" (nicht für die Allgemeinheit). Ich denke an Klaus Graf und Open Access. - Wir fahren mit der MS Agantyr nach Drottningholm (zurück wird es dann die MS Prins Carl Philip). - Die Führerin durch das Slottstheater werde ich so schnell nicht vergessen: Obwohl sie sicher schon sehr oft Gruppen durch das Theater geführt hat, und das in mehreren Sprachen, vermittelt sie Begeisterung und Enthusiasmus, als ob es das erste Mal wäre. Hier erfahren wir einige interessante Dinge: Der Architekt Carl Fredrik Adelcrantz entwarf das Theater auf Bitte von Königin Lovisa Ulrika, aber als es im Bau war, ging der Königsfamilie das Geld aus, und so musste der Architekt selbst einspringen. Deswegen wurde u.a. kaum der ursprünglich vorgesehene Marmor verwendet, sondern stattdessen eine Marmorillusion aufgemalt, die auch heute noch sehr überzeugend wirkt. - Ca. dreißig Personen arbeiten backstage (bzw. understage), es gibt richtigen Theaterdonner, Wellen- und Windmaschine. - Im Sommer wohnten die Theaterleute in Drottningholm, aber nur die wichtigsten SchauspielerInnen hatten eigene Räume, die Bühnenarbeiter mussten sogar unter der Bühne zwischen ihren Maschinen schlafen. Im benachbarten Schloss hätte es wohl genügend Platz gegeben, aber Königs- und Theaterblut verträgt sich dann halt doch nicht so gut. - Das Theater wurde dann 130 Jahre "vergessen", als Abstellraum und Lager für Getreide und Erdäpfel verwendet, bis es von Agne Beijer wiederentdeckt wurde. - Das Schloss selbst ist zwar außen ausgesprochen schön, aber die königliche Familie täte mir leid, wenn sie in den der Allgemeinheit zugänglichen Räumlichkeiten wohnen müsste: alles ohne offensichtliches System mit Riesenschinken in dicken Goldrahmen zugepflastert. Aber vielleicht haben Carl Gustav und Silvia in ihren Privatgemächern einfach auch Ikea-Regale. - In der Bibliothek von Drottningholm ist als Motto ein Satz von Ovid angebracht: "Artibus pectora mollescunt asperitasque fugit". Sehr schön. - Im Chinesischen Pavillon (Kina Slott) wurden eher die Sommer verbracht, und so ist in der dortigen Bibliothek hauptsächlich "leichtere" Literatur zu finden (zumindest in dem Teil, den man von der Absperrung aus erkennen kann), wie die "Petite bibliothèque du theatre (comédies)" und die "Epreuves du sentiment". Ich wäre selbst auch lieber im Pavillon als im eigentlichen Schloss. - Ich blättere in den Zeitschriften, die in unserem Hotelzimmer aufliegen. Das iForm-Magazin titelt: "Uppnå drömvikten på din cykel", und ich denke, aha, nach der Blutgruppen- und der Mondphasendiät kommt jetzt die Zyklusdiät, warum eigentlich nicht. Als ich den Artikel aufschlage, sehe ich, dass "cykel" das Fahrrad ist.

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